Die rund 10.000 Einwohner zählende Stadt liegt an der Trebel im Landkreis Vorpommern-Rügen, knapp 30 km südlich der Hansestadt Stralsund und verfügt über eine exzellente Verkehrsanbindung durch die A 20. Die Wirtschaftsstruktur wird von einer Reihe kleinerer und mittlerer Handwerks- und Produktionsbetriebe bestimmt. Aufgrund seiner Lage, landschaftlichen Ausstattung und der vorhandener Infrastruktur ist Grimmen ein interessanter Wohnstandort. Kindereinrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft und die wichtigsten Schularten von der Grundschule bis zum Gymnasium befinden sich vor Ort. Eine Vielzahl kultureller und sportlicher Veranstaltungen wie Stadtfeste, Stock-Car-Rennen und Tractor-Pulling bereichern das gesellschaftliche Leben. Es gibt diverse Freizeitmöglichkeiten und ein reges Vereinsleben. Die dafür nötige Infrastruktur ist mit dem Stadtkulturhaus „Treffpunkt Europas“, dem Heimattierpark, dem Museum im Mühlentor, dem Wasserturm, dem Naturschwimmbad und dem Technikpark MV sowie verschiedenen Sportanlagen gut entwickelt. Grimmen ist ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in die Hansestädte Stralsund und Greifswald, auf die Insel Rügen oder die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst.
Um 1250 gründeten zugewanderte Handelsleute und Handwerker aus Niedersachsen, Westfalen und vom Niederrhein den Ort Grimmen und legten planmäßig ein rasterförmiges Straßennetz in einem ovalen Stadtgrundriss an. Als Gründungsdatum der Stadt gilt jedoch die Ansiedlung des Stadtvogtes Berthold als Vertreter des Rügenfürsten im Jahr 1287. Der Name Grimmen ist slawischen Ursprungs. Die Flurbezeichnung „Grim“ steht für ein von Wasser und sumpfigen Wiesen umgebenes Gebiet.
Die einstige Ackerbürgerstadt besticht heute vor allem wegen ihrer mittelalterlichen Stadtanlage. Die Altstadt wurde über Jahrhunderte in vier Wohnviertel aufgeteilt, wobei das Rathaus und der Markt den Schnittpunkt der vier Stadtviertel bildeten (siehe Altstadtplan). Zwischen Mühlen- und Sundischer Straße befand sich das Kirchviertel mit den Sakralbauten. Das Kleinleichnamviertel zwischen Sundischer und Langer Straße wurde nach der heute nicht mehr existierenden Kapelle „Zum Heiligen Leichnam“ benannt. Es war ebenso wie das jenseits der Langen Straße gelegenen Strohviertel, das bis zur Buddeliner Straße reichte, durch die Stadthöfe der Ackerbürger eher landwirtschaftlich ausgerichtet. Zwischen der Mühlenstraße und der Buddeliner Straße verlief das Knochviertel, hergeleitet von den Knochenhauern, also Schlachtern. Handwerk, Handel und Magistrat prägten dieses Viertel.
Über 70 Einzeldenkmale sind in der historischen Altstadt zu finden. Architektonisch von Gotik bis Fachwerk anzusiedeln, zeigen Sie sich - bis auf einzelne Ausnahmen - dank umfangreicher Sanierungen wieder in ihrem alten Glanz, darunter gleich mehrere beeindruckende Zeugnisse der norddeutschen Backsteingotik. Wir laden Sie ein zu einem eindrucksvollen Spaziergangs durch die Grimmer Altstadt mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Zugleich erhalten Sie einen Überblick über Kunstwerke im Altstadtbereich. Hinweistafeln an den historischen Gebäuden vermitteln Wissenswertes und dienen der Orientierung.
Der Marktplatz ist seit der Gründung der Stadt das Zentrum des städtischen Lebens gewesen. Hier konzentrierte sich das wirtschaftliche Leben. Er war Gerichtsort und gesellschaftlicher Treffpunkt. Auch heute noch finden auf dem historischen Markt verschiedene Veranstaltungen statt.
Direkt am Marktplatz, in einer Sichtachse mit dem Stralsunder Tor, steht das um 1400 erbaute Rathaus. Es gehört zu den baukünstlerisch bedeutenden Bauwerken der Stadt und ist ein sehr schönes Beispiel der norddeutschen Backsteingotik. Trotz zahlreicher Umbauten und Restaurierungen hat es im Wesentlichen sein ursprüngliches Aussehen bewahrt. Das Wahrzeichen Grimmens wird zu Recht als der „Stadt Krone und Zier“ bezeichnet. Bei archäologischen Grabungen im Jahr 2008 wurde hier erstmals in Vorpommern ein hölzerner Vorgängerbau des spätgotischen Rathauses nachgewiesen.
Das zweigeschossige Backsteingebäude ist 18,31 m lang, 11,60 m breit und ohne Turm 18,05 m hoch. Es verfügt über ein steiles Satteldach. An der Schmalseite zum Markt befindet sich eine offene kreuzrippengewölbte Vorhalle - die Rats- und Gerichtslaube mit drei spitzbogigen Arkaden; darüber ein siebenachsiger Pfeilergiebel mit acht durchgehenden Pfeilerstreben, die mit Spitzhelmchen überdeckt sind. An der reich gegliederten Giebelfassade findet man im mittleren Giebelfeld das Stadtwappen (1794) und eine 1895 eingebaute Uhr. Das Wappen ist die älteste repräsentative Darstellung an prominenter Stelle in der ursprünglichen Farbfassung. Hinter der Giebelfläche bekrönt ein barocker Dachturm mit einer offenen Laterne das Gebäude. Die Rathaus-Laterne schmückt eine Wetterfahne mit dem Pommerschen Greif. Getragen wird der Giebel von vier Achtecksäulen. Die offene Halle ist von drei Seiten zugänglich. Das untere Geschoss des Rathauses diente ursprünglich Markt- und Gerichtsgeschäften. Im Obergeschoss mit dem Rathaussaal hielten die städtischen Ratsherren ihre Sitzungen ab, und Bürger trafen sich dort zu Versammlungen und Festen. Die drei Böden unter dem Giebeldach nutzten die Kaufleute und Händler noch im 18. Jahrhundert als Lager- und Speicherräume. Von 1925 bis 1985 befand sich hier das alte Heimatmuseum der Stadt und des Kreises Grimmen.
Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr das Rathaus manche Veränderungen. So war die offene Rathauslaube von 1744 bis 1937 zugemauert, um zusätzliche Verwaltungsräume zu erhalten, u.a. für eine Polizeistation. Im November 2004 wurde in der Laterne auf dem Rathausdach ein Glockenspiel mit zwölf Bronzeglocken eingeweiht, das von Hasso Rückert, einem Enkel des einstigen Grimmer Bürgermeisters Heinrich Rückert (Amtszeit 1892-1928), gestiftet worden ist. Es ertönt täglich zu folgenden Zeiten: 09:45, 11:45, 13:45, 15:45, 16:45, 17:45 und 18:45 Uhr.
Bei Gerichtsverhandlungen in der offenen Rathauslaube erfolgte in vielen Fällen auch gleich die Bestrafung mit der schmiedeeisernen Schandkette, auch Schandpost genannt. Die Kette mit Halseisen wurde 1745 angefertigt und am linken Pfeiler des Laubengangs eingemauert. Dort befand sie sich bis nach 1945; seit 2001 hängt an der Stelle eine Nachbildung der historischen Schandkette. Das Halseisen an der Kette war ein Strafinstrument für kleinere Vergehen wie der Diebstahl von Obst und Gemüse, Zechprellerei oder Hehlerei. Sündern wurde für einige Stunden das Halseisen umgelegt, um sie dem Gespött der Leute preiszugeben. Sie wurden quasi an den Pranger gestellt.
Im 17. Jahrhundert wurden in der Rathauslaube auch die Hexenprozesse durchgeführt – ein düsteres Kapitel der Stadtgeschichte. Von 1695 bis 1697 fanden unter dem damaligen Bürgermeister Flitner grausame Hexenverfolgungen statt. Mehrere Prozesse endeten mit dem Tod der vermeintlichen Hexen. Als letzte Frau wurde Anna Maria Kröger am 16. März 1697 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. An ihren Tod erinnert ein Relief am Verwaltungsgebäude links neben dem Rathaus.
Nach zweijährigen, sehr aufwendigen Sanierungsarbeiten erstrahlt das Rathaus seit April 2010 wieder in altem Glanz. Dabei wurde auch der hölzerne Rathausturm vom Dach gehoben und erneuert. In der Turmkugel befanden sich Dokumente, Zeitungen und Münzen aus dem Jahr 1885.
An der Westseite des Marktes steht seit Juni 2005 der nach dem Stifter-Ehepaar Christine und Hasso Rückert benannte Rückert-Brunnen. Den von großen Feldsteinen eingefassten Springbrunnen schmücken drei Musiker-Skulpturen: Akkordeonistin, Bläserin und Djembe-Spieler. Die bronzene Figurengruppe schuf der Bildhauer Thomas Reich. Weitere Informationen: http://www.rhythmusreich.de
Das zweigeschossige Giebelhaus aus verputztem Fachwerk und Backstein mit gewölbten Fensterscheiben verfügt über eine auffallend kunstvoll gestaltete, historisierende Fassade. Der Ursprungsbau des Hauses, von dem uns nur die Giebelfassade erhalten geblieben ist, stammt aus der Zeit des Spätbarock um 1690. Fast vollständig umgestaltet wurde das Gebäude im Jahr 1860. Putzquaderung im Erdgeschoss sowie je drei Pilaster (Pfeiler), Rundbogenfenster und Kreisfenster im Obergeschoss erzeugen den Eindruck eines Wohnhauses wohlhabender Kaufleute. Daher rührt wohl auch die Bezeichnung „Patrizierhaus“ im Volksmund. Patrizier waren im Mittelalter begüterte Bürger - vornehmlich als Kaufleute tätig -, die den Rat und wichtige andere städtische Ämter besetzten.
Nach dem Wiener Kongress von 1815 kam Schwedisch-Pommern zum Königreich Preußen. Aufgrund einer Verwaltungsreform wurde Grimmen zur Kreisstadt. Doch die Gerichtsbarkeit wurde noch über zwei Jahrzehnte von Loitz, der früheren Kreisstadt, ausgeübt, bis Grimmen ein eigenes Gerichtsgebäude hatte. Der dreizehnachsige, eingeschossige Backsteinbau auf einem Feldsteinsockel wurde 1838 errichtet. Der fünfachsige, zweigeschossige Mittelteil ist als Risalit (vorspringender Gebäudeteil) mit Giebel gestaltet. Die Rundbogenfenster wurden mit gelbem Backstein eingefasst. Zahlreiche Kreisbehörden wie Landratsamt, Amtsgericht und Katasteramt mit vielen Beamten und Angestellten veränderten damals die soziale Struktur der Ackerbürgerstadt. Zuletzt war das Amtsgericht Grimmen für einige Jahre Außenstelle des Amtsgerichts Stralsund, wurde dann jedoch 2008 im Zuge der Gerichtsreform geschlossen. Seither laufen Bemühungen, das historische Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen.
Das um 1320 erbaute Mühlentor, auch „Tribseeser Tor“ genannt, ist eines der drei prächtigen mittelalterlichen Stadttore. Der Name ist auf eine Wassermühle zurückzuführen, die bis etwa 1840 stadtauswärts vor dem Tor stand. Der 24,80 Meter hohe viergeschossige Backsteinbau, errichtet auf einem Feldsteinsockel, sicherte die Straße nach Tribsees. Das steile Satteldach wird durch blendenverzierte Staffelgiebel begrenzt. Feldseitig, also nach außen hin, befinden sich über dem Torbogen zwei hervorspringende Felsquader. Sie gehörten wahrscheinlich zu einer Zugbrücke, die die Stadt mit einem Damm verband, der zwischen den beiden Teichen vor dem Tor zur Straße nach Tribsees führte. An den Torseiten sind die Ansätze der Stadtmauer deutlich zu erkennen. Sogar die alten, mit geschmiedeten Nägeln verstärkten hölzernen Torflügel sind noch erhalten. Das Tor wurde in den Jahren 1985 bis 1987 restauriert. Zeitgleich erfolgte am Mühlentor ein Anbau in Form eines Torschließerhäuschens. So entstanden Räumlichkeiten für einen Museumskomplex, in den das Tor integriert wurde. 1987, anlässlich der 700-Jahrfeier der Stadtgründung, wurde das Museum Im Mühlentor Grimmen eröffnet. Ein Besuch der Einrichtung ist empfehlenswert. Es bereitet die verschiedenen Epochen und Themen der Stadt in anschaulicher und kurzweiliger Weise auf. Weitere Informationen: http://www.grimmen.de/cgi-bin/homepage/grimmen.pl/Museum
An der Außenfassade des Museums erinnert ein dreiteiliges Bronzerelief an die geplante Entführung des Grimmer Bürgermeisters Carl Ludwig Pistorius und des Ratsherren Andreas Christian Mohnike durch französische Soldaten während der napoleonischen Fremdherrschaft im Jahr 1806, die nur durch die Zahlung eines hohen Lösegeldes verhindert werden konnte.
Südlich der vor dem Tor befindlichen heutigen Trebelbrücke lag der „Mühlenteich“, auch „Große Wäsche“ genannt. Hierher kamen die Grimmer Frauen, um die Wäsche zu spülen und zum Trocknen und Bleichen auszulegen. Auf der anderen Seite der Brücke staute man das Wasser für die Mühle. Erst 1911 wurden die Teiche wegen des Straßen- und Brückenbaus zugeschüttet. An den einstigen Waschplatz der Grimmer Frauen erinnert die Bronzeplastik der Waschfrau „Hermine“ unmittelbar hinter der Brücke.
Der spätmittelalterliche zweigeschossige Bau entstand um 1450. Der Giebel nimmt in seiner Gestaltung die charakteristische Form der Stadttore wieder auf. Hier hatte der Kaland seinen Sitz (1490). Mit dem Begriff Kaland wurden Priesterbruderschaften bezeichnet, der die Geistlichen der um den Sitz des Kalands gelegenen Kirchspiele angehörten. Zu den Aufgaben dieser von Kaisern und Päpsten begünstigten Bruderschaften gehörte es, den verstorbenen Mitgliedern würdige Begräbnisse auszurichten, sich um deren Nachlässe zu kümmern und Seelenmessen für sie zu lesen. Man traf sich am ersten Tag des Monats (Lateinisch: Kalendae). Die Bruderschaften verfügten in der Regel über beträchtliche Einkünfte und besaßen eigene Häuser. Sie traten zudem als Geldverleiher auf. So sind zwei Schuldverschreibungsurkunden (1509 und 1511) im Stockholmer Archiv überliefert, die das für den Grimmer Kaland bezeugen. Darüber hinaus widmete man sich in vielfältiger Weise der Armenfürsorge. 1541 werden im Stadtpfandbuch eine große und eine kleine Bruderschaft erwähnt. 1558 verkaufte die Kirche das „Bruderhauße“ an die Stadt. Von 1734 bis 1904 befanden sich hier die Stadtschule und danach die Mädchenschule. Die Stadtschule war neben der Küsterschule die älteste Schule Grimmens. Deshalb wurde das Haus später auch Alte Schule genannt. In den Folgejahren diente das Gebäude als Wohnhaus. Nach 1945 war hier der erste Kindergarten Grimmens untergebracht. In den 1980er Jahren nutzte die Neuapostolische Kirche das Gebäude als Gemeinderaum. Eine umfassende Restaurierung erfolgte 1990. Das Haus befindet sich in Privatbesitz und wird als Wohnhaus genutzt.
Die Marienkirche ist das älteste erhaltene und mit 51,40 Meter Turmhöhe das höchste Bauwerk der Stadt. Die Kirche hat eine Länge von 57 Metern und ist 27,70 Meter breit. Mit dem Bau des weithin sichtbaren Backsteingebäudes als dreischiffige, fünfjochige Hallenkirche auf einem Feldsteinsockel (Langhaus mit einem Sockelprofil aus behauenen Granitquadern) wurde um 1300 begonnen. Erst gegen 1370 waren auch die Seitenschiffe unter Dach. 1420 begann man einen quadratischen Turm am westlichen Giebel zu errichten, Turmseitenhallen folgten. Der neue kreuzrippengewölbte Hallenumgangschor kam um 1500 dazu. Der nördliche Anbau mit Mauritiuskapelle und Sakristei wird erstmals 1493 erwähnt. Seit 1615 befindet sich hier die Erbbegräbnisstätte des Freiherrn Albrecht v. Wakenitz zu Klevenow mit 15 kunstvoll gestalteten Zink- und Eichensärgen. Der südliche Anbau, die Agneskapelle, war eine fürstliche Stiftung, die ab 1675 als Erbbegräbnisstätte der Familie v. Schwerin zu Grellenberg diente und 1856 abgebrochen wurde.
Zu den ältesten Ausstattungsstücken der Kirche gehören ein frühgotisches Taufbecken aus Kalksandstein und das reich dekorierte Ratsgestühl mit seinen geschnitzten Wangen (Tiere, Blumen, Stadtwappen) aus dem Jahr 1590. Bemerkenswert ist die reich geschnitzte barocke Kanzel mit der Darstellung der vier Evangelisten von 1707. Teile der Chorausmalung stammen aus dem 15. Jahrhundert und zeigen pflanzliche Motive und Drolerieköpfe.
In den ersten Jahrhunderten nach der Stadtgründung wurden besonders angesehene und wohlhabende Bürger in der Marienkirche beigesetzt. Davon zeugen die zahlreichen Grabsteine.
Mit ihrem vierstimmigen Geläut aus historischen Bronzeglocken verfügt die Marienkirche über einen in Vorpommern einzigartigen Schatz. Die vier Glocken stammen aus den Jahren 1458, 1620, 1651 und 1796. Eine fünfte Glocke, die sogenannte „Taufglocke“ ist irreparabel beschädigt; sie steht als Schmuckstück im Vorraum der Kirche. Weitere Informationen: http://www.kirche-grimmen.de/
Bei dem Gebäude handelt es sich um eine sozial-karitative Einrichtung der Kirche, die auf eine wohltätige Stiftung aus dem 16. Jahrhundert zurückgeht. 1546 stiftete Herzog Philipp I. von Pommern-Wolgast drei einfache Häuser (Buden) für die Armen der Stadt. Nach deren Abriss 1819 errichtete die Kirche noch im selben Jahr dieses Armenhaus mit der Auflage, die Wohnungen nur an „hülfsbedürftige Einwohner für eine möglichst billige Heuer“ (Miete) zu vergeben. Das Haus ist ein schlichter eingeschossiger, giebelständiger Bau in Fachwerkbauweise mit einem Satteldach. Es diente später überwiegend der Versorgung von unverheirateten oder verwitweten Frauen aus Handwerkerkreisen und war somit eine Art kirchliches Altenheim. Bis zu zehn Personen konnten hier gemeinsam wohnen. Die Raumaufteilung war einfach und zweckmäßig: Im Erdgeschoss befanden sich an einem Flur gelegen sechs Stuben, sechs kleine Kammern, vier Kamine und eine Gemeinschaftsküche. Im Obergeschoss gab es vier weitere Wohneinheiten mit Kochnischen. Um die Mitte der 1990er Jahre wurde das Haus leergezogen. Das Gebäude wurde privatisiert mit der Auflage, es denkmalgerecht zu sanieren. Dies unterblieb bis heute, so dass das Baudenkmal in seinem Bestand akut gefährdet ist.
Das Stralsunder Tor, auch „Sundisches Tor“ genannt, wurde um 1320 erbaut. Das sechsgeschossige Backsteintor mit dem blendenverzierten Staffelgiebel ist das schönste und mit 25,20 Metern auch das höchste der drei mittelalterlichen Stadttore. Denn Stadttore dienten neben der Verteidigung auch der Repräsentation bürgerlichen Stolzes. Architektonischer Schmuck – vor allem gemauerte Ornamente und weiß gekalkte Blenden - befinden sich auf der Stadt- und der Feldseite. Doch die dem ankommenden Besucher zugewandte Feldseite ist ganz bewusst repräsentativer gestaltet worden. Der auf einem Feldsteinsockel errichtete quadratische Bau sicherte die Straße nach Stralsund. Auch das Stralsunder Tor besitzt eine spitzbogige Tordurchfahrt. Zu beiden Seiten oberhalb der Tordurchfahrt befinden sich wie beim Mühlentor zwei Felsquader, die für die Zugbrücke als Gewichtslager dienten. An dem freistehenden Tor sind die Ansätze der einstigen Stadtmauer gut zu erkennen. Den Verlauf des dazugehörigen Wehrgangs sieht man in der Straße „An der Stadtmauer“. Über lange Zeit hatte im Torbau der Torwächter sein Zuhause. Seine Aufgabe war es, das Tor zu bewachen. Die schweren Eichentüren wurden normalerweise bei Tagesanbruch geöffnet und bei Sonnenuntergang geschlossen, ebenso bei drohender Gefahr. Nach der Nutzung als Wehrtor wohnte ab 1813 der Gerichtsknecht im Torbau, und bis 1850 diente ein Raum als Gefängnis. 1910 wurde das Tor durch einen Blitzschlag stark beschädigt, danach aber detailgetreu wiederhergestellt.
Das zwischen 1760 und 1780 errichtete Gebäude ist eines von zwei Fachwerkhäusern im Kleinleichnamviertel. Solch ein Fachwerkhaus hat ein tragendes Gerüst aus Holz, bei dem die Zwischenräume meist mit einem Holz-Lehm-Verbund oder Ziegelwerk gefüllt sind. Ältester und weitgehend original erhaltener Gebäudeteil ist die linke Haushälfte mit dem Giebel zur Straße. Der kleinere traufständige Anbau stammt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dieses Haus wurde zunächst wie viele Bauten in diesem Viertel als Ackerbürgerhaus genutzt, also als städtische Bauernhofstelle innerhalb der Stadtmauern. Kennzeichnend für solche Bauten sind große Tore oder freie Hofeinfahrten für Erntefuhrwerke. Später wohnte hier ein Viehhändler. Heute ist das Gebäude ein reines Wohnhaus.
Das Zollhaus, auch Alte Wache genannt, ist ein Fachwerktraufenhaus aus dem 19. Jahrhundert. Es ist somit deutlich jünger als die Feldsteinfundamente, auf denen es errichtet wurde. Die könnten von dem Kornspeicher, der hier nach dem Schlossbrand von 1637 gebaut wurde oder sogar noch vom Haupthaus der Schlossanlage selbst stammen. Denn bei archäologischen Grabungen in den Jahren 2001/2002 konnten nördlich des Zollhauses Reste eines Feldsteinfundamentes, die für ein mehrgeschossiges Gebäude ausgelegt waren, freigelegt werden. Möglicherweise ist es das Fundament des „Fürstlichen Hauses“. Während der gesamten schwedischen Herrschaft in Vorpommern von 1648 bis 1815 befand sich an diesem Ort der Sitz der schwedisch-königlichen Landreiterei. Noch 1820 tat hier ein Zöllner seinen Dienst, um von fremden Fuhrleuten den „Disteltoll“ (Deichselzoll) zur Erhaltung der Steinwege und Dämme einzufordern. Danach diente das Gebäude als Poststation. Postkutschen machten Halt, um die Pferde zu wechseln, Postgut umzuladen und mitfahrende Reisende aufzunehmen. Als Garten- und Vereinslokal wurde das Gebäude seit 1890 genutzt, unter dem Namen „Zollbude“, „Kruses Garten“ und 1930 „Restaurant Volksgarten“ bekannt und beliebt. Von 1974 bis 1990 befand sich dann die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) der DDR im Haus. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten ist es heute ein Wohnhaus.
Der Schlossberg als Standort des Wasserturms hat heute einen hohen Stellenwert als Bodendenkmal. Hier, im äußersten Osten der Stadt befand sich von 1306 bis zum Brand 1637 eine befestigte Schlossanlage, die den Vögten und Amtsleuten des Herzogtums Pommern-Wolgast als Sitz diente, um die Stadt Grimmen und seinen Magistrat zu kontrollieren. Auf der Lubinschen Karte von 1618 ist das Schloss als mehrstöckiges Gebäude mit kleinen Türmchen, etwa in der Größe des Rathauses, abgebildet. Zur Anlage gehörten noch der Schlosssturm (ein Wachturm), die Landreiterei, ein Schlosshof, ein großer Garten, umfangreicher Landbesitz und zwei Mühlen. Als herzogliche Einrichtung lag das Gebäude, das auch als „Fürstliches Haus“ oder „Ritterhaus“ bezeichnet wurde, außerhalb der Stadtmauer und hatte eigene Zugänge zur Stadt. In der Silvesternacht des Jahres 1637 brannte das Haupthaus ab. Der Turm überdauerte es um ein Jahrhundert. Teile des Walles und des Grabens sind noch heute zu erkennen.
Neben der Marienkirche bestimmt der ziegelrote, zylindrische Wasserturm weithin sichtbar die Silhouette Grimmens. Das mit 32,5 Metern zweithöchste Gebäude der Stadt wurde 1933 als Teil einer zentralen Wasserversorgung für die damals 5500 Einwohner errichtet. Damit konnte die oftmals unhygienische Versorgung über öffentliche und private Handpumpenbrunnen beendet werden. Bei den Bauarbeiten für den Wasserturm wurden Reste eines gotischen Torbogens freigelegt, und spätere Ausgrabungen förderten neben den mutmaßlichen Fundamentresten des Haupthauses vom Schloss weitere Torbestandteile zutage, die Bestandteil der fürstlichen Anlage waren.
Zu Beginn der 1960er Jahre genügte die Wasserversorgungsanlage aufgrund wachsender Einwohnerzahlen nicht mehr den Bedürfnissen. Deshalb wurde 1963 ein neues Wasserwerk in Betrieb genommen. Nach der Stilllegung des Wasserturms folgten Jahrzehnte des Verfalls. Erst 2001 konnte die Sanierung des Turmes und die Neugestaltung des Außengeländes in Angriff genommen werden. Am 28. September 2002 wurde der Wasserturm in seiner heutigen Form eingeweiht. Im Erdgeschoss befindet sich die Stadtinformation. Eine Ausstellung präsentiert ausgewählte Fundstücke archäologischer Grabungen am Fuße des Turms. Als KunstTurm ist der Wasserturm ein stimmungsvoller Ort für Kunstausstellungen mit dem Schwerpunkt Malerei und Fotografie. Im Trauzimmer können sich Hochzeitspaare hoch über den Dächern der Stadt das Ja-Wort geben. Und wer die 116 Stufen bis zur Aussichtsplattform erklommen hat, wird mit einem faszinierenden Rundblick über die historische Altstadt und das Umland belohnt. Weitere Informationen: http://www.grimmen.de/cgi-bin/homepage/grimmen.pl/Wasserturm-Geschichte
Die Parkanlage am Wasserturm ist zugleich ein Kunst-Raum. Die dort und vor dem Greifswalder Tor befindlichen Kunstwerke sind Teile des Kunstpfades, der sich durch die Stadt zieht. Am Zugang zum Wasserturm steht eine bronzene Straßenfeger-Skulptur. Sie wurde wie auch andere Kunstwerke im öffentlichen Raum von der Grimmer Hobby-Künstlerin Gisela Krüger gestaltet. Mit der Skulptur sollte den einst in Grimmen tätigen Straßenfegern, die mit Besen, Schaufel und Handwagen für Sauberkeit sorgten, ein Denkmal gesetzt werden. Der letzte seiner Zunft war Otto Pingel (1907-1982), ein echtes Grimmer Original. Bis in die 1970er Jahre hat er die Straßen gekehrt und die Kirchenglocken geläutet. Hochzeitspaare lassen sich gern mit dem „alten Herrn“ fotografieren.
Auffallend sind die drei ausdrucksstarken Holzskulpturen des Stralsunder Holzgestalters Raik Vicent, der in den letzten Jahren im gesamten Stadtgebiet zahlreiche Holzskulpturen gestaltet hat. Weitere Informationen: http://www.holzskulpturen-vicent.de
Da ist zum einen der knapp 15 Tonnen schwere Holzdrachen „Wassmut“, der in über vierwöchiger Arbeit aus einem zehn Meter langen Baumstamm gefertigt wurde. Das Fabelwesen lädt zum Spielen und Verweilen ein. Wenige Meter entfernt befindet sich ein drei Meter hoher Ritter, der aus einem Eichenstamm gestaltet wurde. Ebenso imposant ist der Ritter mit Schild und Schwert, der vor dem Greifswalder Tor an Grimmens Altstadtzufahrt „Wache hält“. Auch diese drei märchenhaften Holzskulpturen sind beliebte Fotomotive.
Das 21,40 Meter hohe viergeschossige Backsteintor, erbaut um 1350, ruht ebenfalls auf einem Feldsteinsockel. Es ist 8,09 Meter breit und 6,24 Meter tief und hat eine spitzbogige Toröffnung mit Tonnengewölbe. Reste der eichenen Torflügel hängen auch hier noch in ihren Angeln. Aufgrund seiner Lage am mittelalterlichen Hanseweg, der von Loitz über Grimmen nach Stralsund führte, nannte man das Tor früher auch „Loitzer Tor“. Ursprünglich war es ebenso aufwendig gestaltet wie die beiden anderen Stadttore. Ein Blitzschlag zerstörte um 1800 den oberen Teil des Tores völlig. Da Gelder für den kompletten Wiederaufbau fehlten, verlor das Tor seine ursprüngliche Gestalt. Es büßte nicht nur einige Meter an Höhe, sondern zugleich an baulicher Schönheit ein.
In Richtung Wasserturm vermittelt ein letztes freistehendes Stück der Stadtmauer einen Eindruck von der Größe der früheren Stadtbefestigung. Zur Zeit der Stadtgründung schützten Palisadenzäune, Gräben und Wälle aus Erde und Feldsteinen die Stadt. Die Neuerung des Ziegelbrennens ermöglichte im 14. Jahrhundert den Bau einer starken Stadtmauer aus sogenannten Klostersteinen mit den drei Toren. Die Länge der ovalförmigen Mauer wird auf alten Karten mit 2.200 Schritten (rund 2 km) angegeben. Die Mauer war etwa 3 Fuß (0,94 m) dick und nach außen durch Pfeiler verstärkt. In die Mauer waren Schießscharten eingelassen, und in Abständen von etwa 100 Metern befanden sich rechteckige Wach- oder Wehrtürme. An der Innenseite der Mauer zog sich ein etwa 5 Meter breiter Wehrgang entlang, der für die Verteidigung der Stadt freigehalten werden musste. An der Nord- und Südseite der Mauer stand jeweils ein runder, etwa 15 Meter hoher „Fangelturm“ für die Unterbringung von Gefangenen. Vor jedem der drei Stadttore befand sich ein Zingel, ein zum Schutz vorgebauter stark befestigter Turm. Im 30-jährigen Krieg (1618-1648) wurde die Stadtmauer schwer beschädigt und an den zerstörten Stellen abgetragen. Nach 1810 erfolgte dann der endgültige Abbruch der Stadtmauer zur Baumaterialgewinnung. Wälle und Gräben wurden geschleift und darauf Häuser errichtet sowie Straßen angelegt.
Das Wohnhaus ist ein typisches Beispiel für ein Gründerzeitgebäude (ausgehendes 19. Jahrhundert). Der zweigeschossige, sechsachsige Bau mit zweiachsigem Mittelrisalit weist im Giebel Elemente des barocken Baustils wie geschwungene Abschlüsse und Muschelverzierungen auf.
Bauherr war Hugo Krüger, damals Direktor des 1895 gegründeten „Grimmer Landwirtschaftlichen Ein- und Verkaufsvereins“. Der Speicherkomplex des früheren Landwirtschaftsvereins befindet sich an der B 194 in Richtung Stralsund zwischen der Stoltenhäger und der Stralsunder Straße.
Wir hoffen, dieser Altstadtrundgang hat Sie neugierig gemacht. Lernen Sie die vielen Facetten unserer Stadt bei einem Besuch näher kennen! Wir freuen uns auf Sie!
Natürlich können Sie auf eigene Entdeckungstour gehen. Doch die wohl schönste Art, unsere Stadt besser kennenzulernen, ist eine Stadtführung. Erleben sie über 700 Jahre Stadtgeschichte bei einem geführten Rundgang. Unsere ehrenamtliche Stadtführerin Gudrun Rech bietet seit 2001 zirka 90-minütige Stadtrundgänge an, voll bepackt mit interessanten Geschichten, historischen Fotos, alten Sagen und Anekdoten. Neben klassischen Stadtrundgängen sind spezielle Themen- oder Erlebnisführungen besonders gefragt. Dabei schlüpft Frau Rech gern auch in verschiedene Kostüme, ob als Hexe, Nachtwächterin oder Blumenfrau.
Neben feststehenden Terminen, die über die lokale Presse oder die städtische Homepage www.grimmen.de bekanntgegeben werden, können Führungen auch zu einem bestimmten Termin gebucht werden, zum Beispiel zur Familienfeier, als Betriebsausflug, zum Jubiläum oder zum Klassentreffen. Anmeldungen und Anfragen zu Stadtführungen richten Sie bitte an Gudrun Rech unter der Telefonnummer 038326/81118. Der Unkostenbeitrag für die Teilnahme an einer Führung beträgt 1,00 € pro Person.
Stadt Grimmen © 2018 • Text: E. Telke • Fotos: I.Belka, G.Rech, K. Kraehmer