Am 30. Juni 1933 wurde der Magistrat der Stadt Grimmen durch die Stadtverordneten ermächtigt, zum Bau einer Wasserleitung einschließlich eines Wasserwerkes, eine Anleihe bis 200.000 Reichsmark aufzunehmen. Das Darlehn wurde bei der Deutschen Rentenbankkreditanstalt in Berlin ausgehandelt, und am 7. August des Jahres begannen die Arbeiten. Insgesamt wurden ca. 120 Arbeiter beschäftigt. Für die Wassergewinnung entstanden drei Kiesschüttungsbrunnen von je 17 Meter Tiefe im Westen vor der Stadt. Unmittelbar daneben errichtete man das elektrisch betriebene Pumpwerk mit einer Enteisungsanlage. Im Osten der Stadt wurde durch die Firma Walter Höflinger aus Grimmen der Wasserturm gebaut. Ein Wasserbehälter, der 150 m³ Wasser aufnehmen konnte, wurde direkt unter dem Dach des Turmes aufgestellt. So sollte zu Spitzenzeiten der Wasserverbrauch ausgeglichen und für einen gleich bleibenden Wasserdruck im Rohrnetz gesorgt werden. Verlegt wurden Druck- und Fallleitung sowie Rohre mit Absperrschiebern und Feuerlöschhydranten im gesamten Stadtgebiet.
Wenige Tage vor Weihnachten 1933 ist das Wasserwerk der Stadt Grimmen in Betrieb genommen worden. Die Einweihungsfeierlichkeiten fanden am 14. Januar 1934 statt.
Vor der Entscheidung, Grimmen am Ende des 2. Weltkrieges am 30. April 1945 kampflos an die einmarschierende Russische Armee zu übergeben, bestand von Seiten der NSDAP neben der Absicht, das Marinelager am Steingern zu sprengen und Panzersperren in der Stadt einzurichten auch die Absicht den Wasserturm zu sprengen.
Die Wasserversorgungsanlage in Grimmen genügte bald nicht mehr den hiesigen Bedürfnissen. Durch die Gründung des VEB Erdöl-Erdgas-Grimmen (1961) waren zusätzliche Arbeitskräfte in die Stadt gekommen, und die Bevölkerung war stark angewachsen. So wurde 1963 ein neues Wasserwerk in Betrieb genommen. Der Wasserturm war schon zuvor still gelegt worden. Lange Zeit stand der Turm ungenutzt da. Das Gelände rings herum verwilderte zusehends. Das verwitterte Kupferblechdach zerfiel. 1972 fand eine Feuerwehrübung im Turm statt. Ebenfalls in den 70er Jahren wurde vom VEB Erdöl-Erdgas-Grimmen der Wasserkessel zur Schrottgewinnung ausgebaut.
In dem fast 30jährigen Ruinendasein gab es eine Reihe Pläne, das ansehnliche mit schönen Klinkern aus der Produktion der alten Grimmener Ziegelei erbaute Gebäude einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen, so z.B. ein Café mit Aussichtsplattform einzurichten oder ein Museum. Anfang 1986 wurde dann vom Bürgermeister der Stadt der Auftrag zur „Erarbeitung einer Aufgabenstellung für den Ausbau des Wasserturmes“ erteilt. Mit Hilfe vieler ortsansässiger Betriebe wurde bis 1989 eine neue Dachkonstruktion realisiert. Eine Aussichtsplattform entstand, die komplett verglast war und abends beleuchtet wurde. Begonnen wurde mit der baulichen Vorbereitung von „Klubräumen für Mehrfachzwecke der Betriebe und Einrichtungen der Stadt Grimmen“.
Mit der politischen Wende in der DDR war das Projekt gestorben. Im Laufe der Zeit wurden die bereits eingebauten Nachtspeicheröfen in anderen Einrichtungen aufgestellt. Tauben nisteten in den Etagen, weil Fensterscheiben zerschlagen waren, der Turm musste fest verschlossen werden, um weiterem Demolieren vorzubeugen.
Nachdem es 1997 Absichten gab den Wasserturm und das dazugehörige Grundstück für „eine symbolische Mark“ an Investoren zu verkaufen engagierten sich die Mitglieder des Vereins Wirtschaftsförderung Region Grimmen e.V. und forcierten die Sanierung des Turmes unter Federführung der Stadt.
Als die Gesamtfinanzierung des Vorhabens aus Mitteln der Städtebauförderung abgesichert war, begannen im November 2001 die Bauarbeiten die das gesamte Außengelände und den Turm selbst einschlossen.
Am 28. September 2002 erfolgte die Einweihung und Übergabe des Objektes zur Nutzung.
Als die Stadt Grimmen die Sanierung des 1933 gebauten Wasserturmes plante, wurde gemäß der gesetzlichen Verpflichtung das Landesamt für Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern in die Arbeiten mit einbezogen, denn der Hügel, auf dem der Turm steht, hat einen hohen Stellenwert als BODENDENKMAL.
Im äußersten Osten der Stadt lag nämlich seit der Zeit um 1300 ein befestigter HOF DES LANDESHERRN.
Erstmals erwähnt wird das “Schloss”, auch als Ritterhaus oder Fürstliches Haus bezeichnet, in einer Urkunde vom 18. Oktober 1306.
Darin verschreibt Fürst WIZLAW III. von RüGEN dem Grafen Nikolaus zu Schwerin “..für alle aus ihm geleisteten Diensten etwa erwachsenden Schäden auf den Fall seines unbeerbten Abscheidens die SCHLöSSER und Länder Tribsees und GRIMMEN, solche bis zur erlangten Befriedigung zu besitzen…”
1462 flüchtete SWANTIBOR V., Rektor an der Greifswalder Universität, auf das Schloss in Grimmen zu seinem Vater Wartislaw X. weil es ihm in Greifswald zu unsicher war.
Das spricht für den guten Zustand der Burganlage in Grimmen zu dieser Zeit.
Über die Ausdehnung und das Aussehen des landesherrlichen Hofes ist nur wenig bekannt.
Einige bildliche Darstellungen, so die Zeichnung aus der Stralsunder Bilderhandschrift (1611), die Stadtansicht aus der Lubinschen Karte (1611), die Stadtansicht aus Merians Topographie (1652), die Karte von Grimmen aus der Schwedischen Matrikel (1697) vermitteln uns einen Eindruck von der Gestalt zumindest einiger Gebäude , die auf (in) und dicht neben dem Hügel gestanden haben.
In der schriftlichen überlieferung wird unterschieden zwischen dem “Schloss” und dem Schlossturm, auch “großer Thurm” oder “Fangeturm” genannt.
Berichtet wird auch, dass das “Ritterhaus” und der “große Thurm” nach außen mit einer Mauer umgeben waren, zur Stadtseite jedoch mit einem “Holtzwerck” (um 1630).
Das “Fürstliche Haus” (Schloss) brannte wohl 1637 nieder, der Turm stand noch länger.
Am 12. Juni 1697 berichtet Bürgermeister J. Flitner auf diesbezügliche Fragen der Schweden unter
“ad 21. … befindet sich alhie nichts alß Ein alter Eckichter turm ins gevirte, der so tieff auß der Erden auffgeführet als er darüber stehet, in der Rinckmauren, nicht weit vom Greyffswaldischen thore, wirdt genannt der Fangeturm. das dabey gestandene Ritterhaus ist vor etlichen Jahren und vor wenigen Wochen die so genante Landreyterei heruntergefallen…”
1734 war der Turm zu einer Ruine verfallen. In der Karte aus dem Schwedischen Pommernatlas (1760) ist auch er nicht mehr eingezeichnet.
Das Interesse daran, herauszufinden, was sich unter dem Hügel und dem gesamten Areal nun wirklich verbirgt, hatten schon andere vor uns.
So führte Carl Coppius 1876, 1877 und 1886 schon einmal “privat “ Grabungen durch und hat, wie er in seiner Stadtchronik schreibt:
”… den Berg durch zufällige Nachgrabungen untersuchte. Derselbe besteht aus aufgeplätteten gelben Lehmsand, welcher von einer mächtigen Fundamentmauer aus Felsen umgeben ist. Auf ihrer Plattform liegt ungefähr bis 1 1/2 Fuß Muttererde. An einigen Stellen liegt viel Mauerkalk?, ältere Dachziegel - Mönch und Nonne - mit Holzkohle vermischt..”
In Zusammenhang mit den Fundamentarbeiten zum Wasserturmbau 1933 schreibt Walther Koß, 1930 - 38 Mitarbeiter bei der Grimmener Kreis-Zeitung und seit 1940 ehrenamtlicher Archivpfleger und Heimatgeschichtsforscher, dass “handgestrichene Ziegelsteine im sogenannten Klosterformat und Dachziegel, die der städtischen Ziegelei entstammen mögen, die sich bereits im frühen Mittelalter vor dem Greifswalder Tor befand, …verbrannte Holzstücke, …Tierknochen und… mittelalterliche Tonscherben…” gefunden wurden.
Außerdem entdeckte man Mauerreste, die aus einem etwa 1,5 m langen Mauerstück bestanden, “ an das sich nach Süden ein gotischer Torbogen anschließt, …und ein aus Feldsteinen gesetztes Fundament…” - von nun an, ist davon die Rede, dass sich unter dem Wasserturm das “alte Greifswalder Tor” befindet.
Was ergaben nun die jüngsten archäologischen Grabungen, die in zwei Kampagnen (Oktober - Dezember 2001 und Januar - Mai 2002) durchgeführt wurden ?
Es konnten mittelalterliche Fundamentreste der ehemaligen Fürstenresidenz freigelegt werden.
Die Ausstellung entstand als vorläufiges Ergebnis der Grabungen unter Federführung der leitenden Archäologin Marlies Konze. Wir wollen damit den Besuchern erste Antworten geben, die, wie immer viele neue Fragen aufwerfen. Zur weiterführenden Interpretation der Geschichte “unserer Fürstenresidenz” werden Historiker und Mittelalterspezialisten ihren Beitrag leisten können.
Zusammenstellung: Museum “Im Mühlentor” Grimmen und Archäologin Frau Marlies Konze